Buchumschlag!
Fotomontagen im politischen Kampf der 1930er-Jahre in Österreich
Das Photoinstitut Bonartes widmet sich seit einigen Jahren dem in Österreich bisher kaum beforschten Gebiet des fotografisch illustrierten Buchumschlags. Eine erste Materialsichtung – die sich durch die bedauerliche bibliothekarische Praxis, Schutzumschläge von den Büchern zu trennen, als langwierig erwies – brachte eine große Menge von vergessenem Material ans Licht. Die Publikation »Buchumschlag! Fotomontagen im politischen Kampf der 1930er-Jahre in Österreich« fasst erste Ergebnisse dieser fotohistorischen Recherchen zusammen. Ausgangspunkt der Überlegungen war stets die Gestaltung der Außenseite des Druckprodukts, also seines Schutzumschlags oder des fest mit dem Buchblock verbundenen Broschureinbands – allerdings unter Berücksichtigung des im Text vermittelten Inhalts.
Die geradezu explosive Entwicklung fotografisch gestalteter Umschläge in den Verlagen der Zwischenkriegszeit verdeutlicht die unversöhnlichen Gegensätze der damaligen Ideologien in Österreich, die seit dem Justizpalastbrand 1927 eskalierten. Wachsende Spannungen zwischen den austromarxistischen und konservativen, völkisch ausgerichteten Gruppierungen führten zu einem vermehrten Einsatz fotografischer Bilder. Bücher, Broschüren oder Heftchen dienten als »kleine Plakate«, die mithilfe unterschiedlichster Kombinationen von Fotografien und Schrift um Aufmerksamkeit warben. Der Begriff des »Politischen« umfasste nicht nur theoretische und programmatische Texte, sondern ebenso Kampfschriften und Schulbücher, Aufklärungsliteratur, Romane oder Anthologien – nicht zu vergessen die literarische Aufarbeitung des Ersten Weltkrieges.
Sechs Überblickstexte beleuchten die politische Ikonografie, Gestaltungskonzepte sowie typografische Merkmale der Schutzumschläge und fassen die österreichische Verlagslandschaft von 1918 bis 1938 zusammen. Dazwischen reihen sich neun kürzere Kapitel, die einen näheren Blick auf einzelne Verlage und ihre spezifischen Programmstrategien werfen.
Bildautor*innen: div. Fotografen
Textautor*innen: Monika Faber, Ernst Fischer, Erik Gornik, Otto Hochreiter, Marion Krammer, Pierre Pané-Farré, Arne Reimer, Hanna Schneck
Gestaltung: Christian Schienerl, Marianne Stålhös
Herausgeber*innen: Hanna Schneck, Arne Reimer, Monika Faber
Verlag: SCHLEBRÜGGE.EDITOR (Wien)
Verlag Bestell-Link: Buchumschlag!
ISBN: 978-3-903447-23-3
Laudation von Frauke Kreutler
Wien Museum | Kuratorin
Mit der vorliegenden Publikation wird ein bislang wenig beachtetes Kapitel der österreichischen Fotogeschichte ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Arne Reimer sowie den Mitherausgeberinnen Monika Faber und Hanna Schneck widmet sich das Photoinstitut Bonartes in Ausstellung und Publikation erstmals dem bislang wenig erforschten Thema, den mit Fotomontagen gestalteten Buchumschlägen der 1930er-Jahre in Österreich.
Eine erste Materialsichtung – die sich durch die bedauerliche bibliothekarische Praxis, Schutzumschläge von den Büchern zu trennen, als langwierig erwies – brachte eine große Menge von vergessenem Material ans Licht. In der Publikation werden erste Ergebnisse dieser fotohistorischen Recherchen präsentiert.
In mehreren Essays wird eindrucksvoll dargelegt, wie die politisch rivalisierenden Lager der österreichischen Zwischenkriegszeit visuelle Strategien entwickelten, um ihre Standpunkte wirkungsvoll zu inszenieren. Diese Strategien traten besonders auf den Schutzumschlägen der Bücher, Broschüren und Hefte der jeweils verfeindeten Bewegungen zutage. Dabei nutzten sie effektvoll die Kombination von Fotografie und Typografie, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und ihre politischen Botschaften zu bewerben.
Die Publikation überzeugt nicht nur durch ihre wissenschaftliche Ausführlichkeit, sondern auch durch ihre visuelle Qualität: perfekte Reproduktionen und detailgetreue Farbabbildungen der historischen Schutzumschläge erlauben es, die Gestaltung der Fotomontagen bis ins kleinste Detail nachzuvollziehen. Passend zum Thema ist auch der auffallende, faltbare Umschlag des Katalogs gestaltet. Im Inneren lassen sich weitere historische Buchumschläge aufklappen, wodurch die gesamte Komposition der Montagen sichtbar wird.
Der Grafiker Christian Schienerl beweist damit einmal mehr ein herausragendes Gespür für die grafische Umsetzung fotohistorischer Themen. Unterstützt durch die hohe Qualität der Farbabbildungen, das handliche Format und die feine Verarbeitung als Schweizer Broschur, lädt die Publikation gleichermaßen zum wissenschaftlichen Studium wie zum genussvollen Blättern auf der Couch ein.


